Vor etwa 20 Jahren wurden aus der Turbolader-Technologie die ersten Mikrogasturbinen entwickelt. Dieser Fachartikel beschäftigt sich mit den spezifischen Anwendungsfällen und Vorteilen der Gasturbinentechnik in der Praxis und im Vergleich mit Blockheizkraftwerken.

Die wesentlichen spezifischen Vorteile der Gasturbinentechnik sind:

  • Die Abwärme steht als Abgaswärme auf einem hohen Temperaturniveau zur Verfügung
  • Das Turbinenabgas enthält noch sehr viel Sauerstoff und eignet sich als vorgewärmte Verbrennungsluft für weitere Verbrennungsprozesse
  • Es können auch Sondergase (z.B. schwefelhaltiges Biogas, u.ä.) eingesetzt werden
  • Turbinen können begrenzt auch für Nachverbrennungsprozesse (Abluftreinigung) eingesetzt werden

Was bedeuten diese Vorteile für die Praxis?

Bei einem BHKW stehen etwa 30% der Abwärme als Abgaswärme auf einem hohen Temperaturniveau zur Verfügung, bei einer Gasturbine sind es 100%. Die hohe Abgastemperatur eignet sich gut für eine Dampferzeugung aus dem Turbinenabgas. Trotzdem sollte man darauf achten, das Abgas so weit wie möglich abzukühlen, um einen hohen thermischen Wirkungsgrad zu erreichen und die Verluste zu minimieren. Microgasturbinen mit Erdgasfeuerung können zum Beispiel zusätzlich mit Brennwert-Wärmetauschern versehen werden. So sind flexible Wärmekonzepte möglich.

Das Mikrogasturbinen-Abgas enthält durch den hohen Luftüberschuß bei der Verbrennung noch sehr viel Sauerstoff, meist nur geringfügig weniger als die Umgebungsluft, welche etwa 21 Volumenprozent Sauerstoff enthält. Das heiße Mikrogasturbinen-Abgas kann deshalb, anstelle von Frischluft, als vorgewärmte Verbrennungsluft für weitere Prozesse, wie zum Beispiel die Feuerung eines Dampfkessels, eingesetzt werden. Dies ist eine der besten Verwertungsmethoden für die Abgaswärme von Turbinen überhaupt. Auch in Großkraftwerken, bei so genannten GUD-Prozessen, wird diese Technik eingesetzt. Die Verfügbarkeit von Mikrogasturbinen und geeigneten Industrie-Feuerungen ermöglichen es heute, diese Kraftwerkstechnik in viel kleineren Anlagen, auf Industrie-Niveau einsetzen zu können. Benötigt wird dafür eine Feuerung, die durch den Einsatz der Abgasrezirkulation und anderer low-NOx-Techniken, die Stickoxid-Emissionen auf die zulässigen Grenzwerte absenkt. Interessant könnte der Einsatz dieser Technik ab einem Dampfmassenstrom oberhalb von etwa 6 t/h sein, wobei natürlich die jeweiligen Randbedingungen des Einzelfalls zu beurteilen sind. Realisierte Anlagen finden sich u.a. in der chemischen Industrie.

Der Einsatz von Mikrogasturbinen zur Verbrennung von Sondergasen, z.B. schwefelhaltigem Biogas, Klärgas und ähnlichen Gasen, hat eine lange Tradition. Durch den hohen Luftüberschuß und die hohen Abgastemperaturen kann der Säuretaupunkt im Turbinenbereich nicht unterschritten werden und die Mikrogasturbinen verhalten sich nach den Betriebserfahrungen sehr robust gegenüber solchen Sondergasen.

Der letzte Punkt leitet schon über zu einem neuen spannenden Einsatzgebiet von Mikrogasturbinen. Nicht nur das Brenngas, auch die Verbrennungsluft von Mikrogasturbinen kann mit Schadstoffen belastet sein. In der chemischen Industrie wird diese Technik bereits seit vielen Jahren in größeren Anlagen erfolgreich eingesetzt. Die kleinen Mikrogasturbinen ermöglichen prinzipiell eine thermische Nachverbrennung von Schadstoffen in der Turbinenbrennkammer. Besonders interessant ist diese Anwendung, wenn die zu verbrennenden Rohgasströme einen kalorischen Wert aufweisen, also einen zusätzlichen Heizwert einbringen, wie das zum Beispiel bei der Verbrennung von Lösemitteln der Fall ist. Durch den zusätzlichen Heizwert der Lösemittel sinkt der Erdgasbedarf für den Turbinenbetrieb. Ein Mikrogasturbinenhersteller ist nach eigenem Bekunden gerade dabei eine Turbinenbrennkammer für diesen Einsatzzweck in der Größenordnung von etwas 2.500 Nm³/h zu entwickeln und zu testen. Größere Einheiten könnten dann modular zusammengestellt werden.

Dass Mikrogasturbinen in der Vergangenheit einen vergleichweise geringen Marktanteil hatten, liegt zum Teil auch drin begründet, dass die Hersteller selbst zu wenig die spezifischen Vorteile dieser Technik für besondere Einsatzbedingungen beachtet haben.

Bietet man dem Markt nur Microgasturbinen-Module an, die das Niedertemperatur-Heizwärme-Segment des Marktes bedienen, bringt man sich automatisch in Konkurrenz zu gasmotorischen Blockheizkraftwerken. Bei reinen Niedertemperatur-Heizwärme-Anwendungen liegt aber der elektrische Wirkungsgrad von gasmotorischen Blockheizkraftwerken deutlich höher als der von Microgasturbinen.

Erst in letzer Zeit hat bei den Herstellern und Anwendern der Gasturbinentechnik ein Umdenken stattgefunden, bei dem man sich auf die spezifischen Stärken der Gasturbinentechnologie besinnt.

Die steigende EEG-Umlage könnte sich, trotz der EEG-Reform, nun weiter als Steigbügelhalter für eine weite Verbreitung von Mikrogasturbinen erweisen. KWK mit Mikrogasturbinen ist für die Industrie, dank der neuen Anwendungsfälle, so attraktiv wie selten zuvor.